BUND Landesverband Bremen

Bremer Doppelhaushalt 2020/2021: Ernsthaftigkeit im Klimaschutz unter Beweis stellen

10. Februar 2020 | Energie, Energiewende, Klimaschutz, Klimawandel, Mobilität, Umweltschutz

Im Haushalt wird es sich entscheiden, wie ernst Rot-Grün-Rot es mit der noch im Koalitionsvertrag besonders wichtigen Querschnittsaufgabe Klimaschutz meint. Die Zwischennachrichten lassen keine Hoffnung auf einen großen Wurf aufkommen – kaum Spielräume heißt es aus dem Finanzressort. Dagegen stehen die eindeutigen Aussagen der Klimaforschung: Wenn nicht bis spätestens 2030 eine echte Wende gelingt, werden Kipp-Punkte überschritten, die zu enormen unkalkulierbaren Risiken führen werden, auch für Bremen. Für den BUND Bremen ist damit klar, dass auch in Bremen mit der Bewältigung der Klimakrise nicht mehr weiter gewartet werden kann, zumal die finanzielle Lage Bremens absehbar nicht besser werden dürfte. „Die Klimanotlage verlangt jetzt bei den Haushaltsverhandlungen des Bremer Senats entschiedenes Handeln für eine echte Energie- und Mobilitätswende“, betont BUND-Vorsitzender Klaus Prietzel.

Beispiel Mobilitätswende: Wer den klimaschädlichen und energieverschwendenden Autoverkehr vermindern will, muss attraktive Alternativen systematisch stärken. Der Radverkehrsetat muss vervielfacht werden, um Netze zu ertüchtigen und Premiumrouten und Weserquerungen zu bauen. Nur so lässt sich endlich die Attraktivität fürs Rad steigern und damit der Radverkehrsanteil relevant erhöhen. Der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs, sei es in Huchting und ins südliche Umland, sei es in die Überseestadt, nach Osterholz oder Oslebshausen, braucht ebenfalls Geld für die Investitionen. Für den Doppelhaushalt 2020/ 2021 ist es allerdings entscheidend, in erster Linie die Mittel bereitzustellen, um ausreichend Personal, das die Planungen und Bauausführungen betreiben kann, finanzieren zu können. Es wäre fatal, wenn Bremen mangels Personal und Eigenmitteln die erheblichen Bundeszuschüsse für Rad- und Schienennahverkehr nicht erschließen könnte.

Bei den bisherigen Haushaltsvorbereitungen war für den BUND in keiner Weise erkennbar, dass Bremen im Klimaschutz tatsächlich einen echten neuen Haushaltsschwerpunkt setzen will. Während für andere Ressorts längst in erheblichem Umfang Bedarfe reklamiert wurden, ist noch völlig unklar, mit welchem Personal und welchen Finanzmitteln Beratung, Durchführung, und Monitoring für die wichtigsten Klimaschutz-Maßnahmen zur Energieeinsparung, für die solare Stromerzeugung, für klimagerechte Plusenergiegebäude und für die Verkehrswende erfolgen sollen.

Wer soll beispielsweise mit welchen Mitteln dafür sorgen, fragt der BUND, dass bei Immobilien Bremen eine wirksame energetische Sanierungsstrategie für den gesamten öffentlichen Gebäudebestand auf moderne energetische Standards erarbeitet und durchgeführt werden kann? Wer soll Quartierskonzepte erarbeiten, um Haushalte, Betriebe und öffentliche Einrichtungen zukünftig zu informieren, sinnvoll energetisch zu vernetzen und die solaren Energiepotenziale zu erschließen? Von wem soll die Verkehrswende beplant und durchgeführt werden, von den Fahrradpremiumrouten bis zu neuen ÖPNV-Konzepten? Wer soll in den einzelnen Senatsressorts fachkompetent und als Schwerpunkttätigkeit dafür sorgen, dass Klimaschutzpotenziale erkannt und weitest möglich umgesetzt werden? Wer sorgt also insgesamt dafür, dass aus dem bisherigen löcherigen Flickenteppich einzelner Pilotprojekte eine flächendeckende Verwandlung zu echten klimagerechte Solarcities entsteht, bis 2030, 2040, 2050? Und was will sich Bremen das kosten lassen? Der BUND geht von mindestens 100 Mio. Euro zusätzlichen Investitionsmittel und einem Personalbedarf von mindestens 100 Vollzeitäquivalenten aus, um hier zu einem echten Sprung nach vorne zu kommen.

Angesichts der knappen Kassen weißt der BUND darauf hin, dass es politisch völlig verfehlt sei, Klimaschutzmaßnahmen häufig nur als Kostenbelastung zu interpretieren, anstatt sie als sinnvolle Investitionen in ein besseres, unabhängigeres Energiesystem und als nachhaltiges Konjunkturprogramm für bremische Betriebe und Dienstleister zu begreifen.

Darüber hinaus wird noch zu stark vergessen, dass sich viele wichtige Maßnahmen ohne nennenswerte Haushaltsbelastung schnell umsetzen ließen. Dazu zählen die Einführung des Klimavorbehalts bei Verwaltungsvorlagen und Senatsentscheidungen als Lenkungs- und Transparenzinstrument. „Warum noch Haushaltsmittel ausgeben für Projekte, die eindeutig klimaschädlich sind?“, fragt BUND-Geschäftsführer Martin Rode. Bei den Erneuerbaren Energien braucht es ein klares Bekenntnis zu Solarcities  u.a. mit einer Solarpflicht im Neubau analog zur Dachbegrünung im Begrünungsortsgesetz. Investitionsmittel für PV-Anlagen könnten auch unabhängig vom Haushalt z.B. über den Pensionsfonds oder private Energiegenossenschaften gewonnen werden. „Auch die kommunalen Wohnungsgesellschaften brauchen klare Ansagen ihrer politischen Aufsichtsgremien für höhere Klimaschutzziele und den verstärkten Einsatz Erneuerbarer Energien“, so Rode weiter. Und durch konsequente Parkraumbewirtschaftung mit deutlich erhöhten Preisen können zusätzliche zweckgebundene Mittel für den ÖPNV-Ausbau erzielt werden.

Die Bürgerschaft hat gerade eine Enquete-Kommission zur Erarbeitung eines Klimaschutzfahrplans bis 2030 eingesetzt. „Die Enquete-Kommission darf nicht dazu führen, die politisch anstrengenden Klimaschutzmaßnahmen noch einmal bis Ende 2021 zurückzustellen. Angesichts der aktuellen Haushaltsschwierigkeiten könnte das so Manchem aus Politik und Verwaltung nur zu recht sein“, befürchtet BUND-Vorsitzender Prietzel. Vieles kann und muss jetzt einfach politisch durch die rot-grün-rote Koalition entschieden und auch notfalls gegen Widerstände umgesetzt werden. Themen für eine überparteiliche Enquete-Kommission sieht der BUND dagegen bei Entscheidungen über eine zukünftige dekarbonisierte Wärmeversorgung Bremens, der klimagerechten Weiterentwicklung der industriellen Großunternehmen wie z.B. der Stahlwerke von Arcelor-Mital, der Rolle und zukünftigen Ausrichtung des großen Bremer Energiedienstleisters swb und den potenziellen Einsatzmöglichkeiten von regenerativ erzeugtem Wasserstoff als Energieträger für Industrie, Hochseeschiffe und Flugverkehr.

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