BUND Landesverband Bremen

BUND fordert endlich volle Kraft für Klimaschutz

29. Dezember 2020 | Energie, Energiewende, Klimaschutz, Klimawandel, Kohle, Mobilität, Mobilität, Nachhaltigkeit, Umweltschutz

„Die Klima-Enquetekommission tagt seit Mai und hat viele exzellente Vorschläge und Hinweise von bundesweit anerkannten Experten zur Gestaltung der Energiewende bekommen, ohne dass bislang irgendwelche Wirkungen auf bremische Politik erkennbar sind. Auch 2020 war damit ein weitgehend verlorenes Jahr, in dem Bremen beim Klimaschutz wieder nicht über die vollmundige Ankündigung von Klimaschutz als wichtiger Querschnittsaufgabe in der Koalitionsvereinbarung hinausgekommen ist. Auch der ökologische Umbau des Verkehrssektors stottert vor sich hin. Stattdessen werden neue Gewerbeflächen auf der grünen Wiese, die Weservertiefung und das Kreuzfahrtterminal Bremerhaven vorangetrieben – alles klimapolitisch kontraproduktiv. Bremen braucht ab 2021 endlich eine klare klimapolitische Strategie des gesamten Senats“, bilanziert Klaus Prietzel, Vorsitzender des BUND Landesverbandes Bremen die klimapolitische Lage.

Klimademo im September 2020 in Bremen (Foto: Katja Muchow)

Das Jahr 2020 war geprägt durch die Corona-Pandemie und die damit verbundenen Existenzgefährdungen für viele Wirtschaftsbereiche. Gleichzeitig war es aber nicht nur in Deutschland das heißeste Jahr seit Beginn der Klimaaufzeichnungen überhaupt. Die Klimakrise hat sich damit weiter zugespitzt, und dauerhaft wirksame Klimaschutzmaßnahmen werden immer drängender, damit nicht weiterhin jedes Jahr Millionen Menschen global ihre Lebensgrundlagen verlieren. In Anerkennung dieser dramatischen Entwicklung hat die Bremische Bürgerschaft am 30.01.2020 wie viele andere Städte zuvor die Klimanotlage für Bremen erklärt und in der Konsequenz als wichtiges Instrument aller politischen Entscheidungen die Einführung eines wirksamen Klimavorbehalts für alle Vorhaben des Senats beschlossen, um in der Gesamtbilanz eine CO2-Reduzierung um 80% bis 2030 anzustreben. Doch auch 11 Monate später lässt die konkrete Umsetzung weiter auf sich warten, kritisiert der BUND.

In den Haushalten 2020 und 2021 ist zwar ein 30 Mio. Euro umfassender Haushaltstitel eingerichtet worden, um daraus Klimaschutzmaßnamen der Ressorts zu finanzieren. „Diese viel zu geringe Summe bleibt weit hinter anderen Großinvestitionen wie z.B. den mindestens 75 Mio. für den geplanten Umbau des Bremerhavener Kreuzfahrtterminals zurück, aber selbst diese Mittel für 2020 wurden bisher nicht abgerufen. Wie kann das angehen?“, fragt Prietzel erstaunt. Anders als bei Corona fehlt offensichtlich neben dem politischen Willen auch eine durchsetzungsstarke personelle Taskforce für die Umsetzung.

Auch gibt es nach wie vor weder eine Solarpflicht im Neubau insbesondere bei großen und damit solarattraktiven Gewerbehallen noch ein Solargebot bei Dacherneuerungen im Altbau. Von der versprochenen Vorreiterrolle der öffentlichen Hand bei ihrem eigenen, mehrere Tausend Immobilien umfassenden Bestand ist ebenfalls nichts zu erkennen. „Wir erwarten jetzt vom Bremer Senat bis Ende dieser Legislaturperiode ein ambitioniertes Solarisierungsprogramm und mindestens 100 neue Solaranlagen mit zusammen 10.000 kWp Leistung. Wenn Bremen im jetzigen Tempo weitermacht, wird Solarcity zu einer energiepolitischen Nullnummer“, beschreibt BUND-Geschäftsführer Martin Rode die Situation. Um den nötigen Drive Richtung Solarcity zu verstärken, empfiehlt der BUND den Stadtgemeinden, die solare Entwicklung ihrer Immobilien auch für private Kapitalgeber wie Energiegenossenschaften und die swb auf breiter Front zu öffnen.

Bremen hat den Klimanotstand ausgerufen. Damit verbunden ist die Zielsetzung, klimaschädliche Vorhaben zukünftig zu unterlassen. Das Instrument dazu soll der Klimavorbehalt sein. Er soll bei der Entscheidungsfindung zu öffentlichen Investitionsvorhaben helfen, den damit verbundenen Treibhausgas-Ausstoß zu minimieren und die nicht vermeidbaren Emissionen über eine Klimakompensation abzupuffern. Doch ein Jahr nach Bürgerschaftsbeschluss ist der Klimavorbehalt vom Senat immer noch nicht ausformuliert und in Kraft gesetzt worden. Die Bekämpfung der wirtschaftlichen Corona-Folgen haben berechtigterweise derzeit höchste politische Priorität. Der BUND fordert als naheliegende Strategie, die Maßnahmen für einen Neustart nach Corona mit  einer Strategie für die Klimakrise zu verbinden. „Dabei wäre der Klimavorbehalt dringend notwendig, um zu vermeiden, dass das Konjunkturprogramm im Bremen-Fonds des Senats klimaschädlich wirkt. Denn der Bremen-Fonds stellt die vorläufig letzte große Chance zum aktiven Umsteuern auf klimaneutrales Wirtschaften dar, bevor in den kommenden Jahren die Haushaltslage alle größeren politischen Entscheidungen extrem schwierig machen wird“, mahnt BUND-Vorsitzender Prietzel. Und wenn jetzt erhebliche Finanzmittel in grüne Wasserstofftechnologien gepumpt werden sollen, macht das klimapolitisch nur Sinn, wenn gleichzeitig erneuerbare Erzeugungsstrukturen auch in Bremen massiv ausgebaut werden.

Besonders der Verkehrssektor verfehlt seit langem dramatisch die Reduzierung von Klimagasen, die nur mit einer weitgehenden Umsteuerung weg vom privaten PKW zu erreichen ist. „Aber in 2020 wurde kein Meter an Radpremiumrouten gebaut und die Radbrücken über die Weser, ob nun in Hemelingen, in der Innenstadt oder in Woltmershausen, warten immer noch auf ihre planerische Konkretisierung. Das dauert alles viel zu lang. Bremen ist die Fahrradstadt unter den deutschen Großstädten. Noch! Doch mehr Radverkehr braucht mehr Anteil am Straßenraum, gute Verbindungen und intakte Fahrwege,“ betont BUND-Geschäftsführer Rode. Zudem haben die Experten der Klima-Enquete den Bürgerschaftsabgeordneten auch ins Stammbuch geschrieben, dass konsequente Parkraumbewirtschaftung der Schlüssel für die Verkehrswende in den Großstädten ist. Ein wichtiges Element dabei ist die spürbare Anhebung und Ausweitung von Parkgebühren im öffentlichen Straßenraum.

Bei aller Unzufriedenheit sieht der BUND zumindest für die Zukunft auch einzelne Klimaschutz-Lichtblicke. Dazu zählen das Ende des swb-Kohlekraftwerks Hafen und die beschleunigte Umstellung der Bremer Straßenbeleuchtung auf LED, so der BUND. Auch im Verkehrssektor gibt es kleine Hoffnungsschimmer: In 2021 sollen endlich die ersten Bremer E-Busse beschafft und der Bau der Straßenbahnlinien 1 und 8 nach zehnjähriger Planungsphase begonnen werden. Trotzdem braucht es viel mehr Schub und eine starke Strategie, um im Klimaschutz wirklich erfolgreich zu werden.

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