BUND Landesverband Bremen

BUND bedauert Verzögerung - Shared Space in Bremen auf die lange Bank geschoben

04. Februar 2011 | Mobilität

In der Entscheidung der Bürgerschaft, Shared Space mit Modellprojekten auch in Bremen zu etablieren, sieht der Bund für Umwelt und Naturschutz Bremen (BUND) einen Schritt in die richtige Richtung. Weg vom Dogma der „autogerechten Stadt“, hin zu einer ökologischen Verkehrspolitik und mehr Lebensqualität.

„Wenn man von Shared Space in den Bremer Medien hört oder liest, ist oft von einem Verkehrskonzept ohne Verkehrsschilder und Verkehrsregeln die Rede, das zu mehr Sicherheit führen soll. Dies verunsichert natürlich zahlreiche Bürger“, so der BUND-Vorsitzende Klaus Prietzel. Viel zu selten würden dagegen die Vorzüge und Qualitäten dieses Konzeptes benannt. Shared Space steht nämlich nicht nur für ein Konzept der Verkehrsraumplanung, sondern viel mehr für eine nachhaltige Lebensraumplanung. Nicht die Verbesserung der Verkehrssicherheit ist das oberste Ziel von Shared Space. Vielmehr geht es darum, den öffentlichen Raum aufzuwerten. So werden vor allem die Aufenthalts- und Lebensqualität in den nach dem Shared Space Prinzip gestalteten Straßenräumen gesteigert und alle Verkehrsträger gleichberechtigt.

„Ein Blick auf etablierte Shared Space Projekte in den Niederlanden oder im niedersächsischen Bohmte offenbart sogleich den Erfolg des Konzeptes. Shared Space funktioniert nicht nur, sondern hat vielseitige positive Wirkungen“, so Stephan Glinka, der für den BUND derzeit an einer Studie zu diesem Thema arbeitet. Dazu zählen nach den Auswertungen des Politikwissenschaftlers eine verbesserte Lebens- und Aufenthaltsqualität für Anwohner und Besucher, weniger Lärm und Schadstoffbelastungen und durch die „Wiederbelebung“ von Straßen und Plätzen auch positive Effekte auf den Einzelhandel.

In Bremen werden die vorgeschlagen Modellprojekte in der Neustadt und im Viertel bereits als gescheitert betrachtet. Stattdessen wird vom Beirat nun eine „Begegnungszone“ nach Schweizer Vorbild im Ostertorsteinweg und Vor dem Steintor angestrebt. Doch auch die Einführung einer Begegnungszone könnte sich als problematisch erweisen. So fehlt der Begegnungszone, wie man sie aus der Schweiz kennt, in Deutschland bisher ein rechtlicher Rahmen. Man sollte also nicht denken, dass sich die Etablierung der Begegnungszone leichter gestalten lässt, als ein Shared Space im Bereich Am Dobben / Humboldtstraße. Denn anders als im Shared Space, wo alle Verkehrsteilnehmer gleichberechtigt, sozusagen auf Augenhöhe, am Verkehr teilnehmen und gegenseitig Rücksicht üben müssen, genießen Fußgänger in der Begegnungszone ein Vortrittsrecht. Anwohner, Geschäftsleute und die Fahrgäste der BSAG sollten sich dann auf ein „Dauerbimmeln“ und abrupte Bremsmanöver der Linien 2 und 3 einstellen, wenn Fußgänger dieses Recht konsequent in Anspruch nehmen sollten.  

Der BUND sieht das vorzeitige Scheitern der Bremer Shared Space Modellprojekte  vor allem als Ergebnis einer verfehlten Kommunikationspolitik seitens der Behörden. Viel zu wenig wurde über die positiven Qualitäten von Shared Space gesprochen und zu oft nur die Nachteile des Konzeptes problematisiert. Auch die finanziellen Fördermöglichkeiten seitens der Europäischen Union bei entsprechender Umgestaltung von Straßen wurden zu wenig thematisiert. Sehr bedauerlich ist auch, dass zu den Informationsveranstaltungen in Bremen keine Gäste aus den Niederlanden oder Bohmte eingeladen wurden. Diese hätten ihre unmittelbaren Erfahrungen mit Shared Space mit uns teilen können.

Das Shared Space Konzept ist nicht perfekt und auch nicht überall anwendbar, ohne Frage. Große Sorgfalt erfordert zum Beispiel die Sicherstellung der Mobilität von sehbehinderten und blinden Menschen im Shared Space. Doch diese Probleme sind lösbar. Für ihre Sicherheit und die Gewährleistung der Mobilität gibt es effiziente Leitsysteme im Shared Space. Auch die Einrichtung eines so genannten „Safe Space“ in den Seitenbereichen kann zur Sicherheit „schwächerer“ Verkehrsteilnehmer beitragen. Die offene Gestaltung des Konzeptes lässt ausreichend Spielraum, um auf solche Probleme zu reagieren. So ist eine Anpassung an die lokalen Gegebenheiten oft notwendig, meist sinnvoll und fast überall möglich.

Damit Shared Space auch in Bremen zum Erfolg werden kann, ist es notwendig, die Bevölkerung stärker bei der Planung und Umsetzung betreffender Projekte zu beteiligen. Denn die Partizipation der Bürger ist ein wichtiger Bestandteil des Konzeptes. Eine Arbeitsgruppe reicht da allein nicht aus. Auch hier kann Bohmte als Vorbild dienen. Dort wurden Bürgerworkshops angeboten, in denen Anwohner, Bürger und Geschäftsleute ihre Ideen, Wünsche und Bedenken in die Planung mit einbringen konnten. Viele Skeptiker konnten hier überzeugt werden. 

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