Bundesweite Trinkwassertests: Ewigkeitschemikalien PFAS im Bremer Trinkwasser

04. November 2025 | BUND Landesverband Bremen, Trinkwasser

BUND: in 42 von 46 Stichproben wurden PFAS nachgewiesen / Nachweise auch in Bremen / Umweltverband fordert Beschränkung der gesamten Stoffgruppe zum Schutz unseres Wassers

Trinkwasser muss frei von Schadstoffen sein.  (Baudolino / Pixabay)

Die Süßwasserressourcen für unsere Trinkwassergewinnung sind zunehmend gefährdet. Aktuelle Stichproben des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) zeigen: In der überwiegenden Mehrheit der untersuchten Trinkwasserproben wurden sogenannte Ewigkeitschemikalien, per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS), nachgewiesen. In der Probe, die BUND-Landesgeschäftsführer Martin Rode zusammen mit der damaligen Bremer Umweltsenatorin Kathrin Moosdorf Anfang September entnahm, wurden die Ewigkeitschemikalien Perfluorbutansäure, Trifluoracetat und Perfluorpropansäure gefunden. Die Konzentration liegt unter den ab Januar 2026 und 2028 geltenden neuen Grenzwerten der Trinkwasserverordnung. Wasserversorger arbeiten mit Hochdruck an deren Einhaltung. Durch Lebensmittel und Alltagsprodukte sind wir regelmäßig höheren Mengen an PFAS ausgesetzt.

Von Juni bis Oktober 2025 nahmen BUND-Aktive aus ganz Deutschland stichprobenartig 46 Trinkwasserproben. Martin Rode vom BUND Bremen: „Unsere Stichprobe zeigt, dass PFAS längst in unserem Wasserkreislauf vor Ort angekommen sind. Die Folge: Das Aufbereiten von sauberem Trinkwasser wird immer aufwendiger und teurer für unsere Wasserwerke. Die entstehenden Kosten sollten von den Verursachern gezahlt werden und nicht von den Verbraucherinnen und Verbrauchern. Wir fordern den Senat auf, der Öffentlichkeit einen Überblick über die PFAS-Belastung unseres Trinkwassers in Bremen zu verschaffen und die Verursacher zu identifizieren. Damit einher sollte geprüft werden, wie diese zur Behebung der PFAS-Belastung beitragen können.“ Deutschlandweit wurden in 42 der 47 Stichproben PFAS gefunden – und damit in nahezu allen untersuchten Proben. Die Proben sind jeweils nur örtliche und zeitliche Stichproben aus den genannten Städten und bilden je nach Wassernetz nicht die Situation in der ganzen Stadt ab. Immerhin in vier Trinkwasserproben konnten keine PFAS nachgewiesen werden. Ein Großteil des Trinkwassers in Deutschland wird aus Grundwasser gewonnen.

Am häufigsten und in den höchsten Konzentrationen wurden bisher nicht regulierte PFAS gefunden, welche teils als „Ersatzstoffe“ für die weniger als 20 regulierten PFAS eingesetzt werden: Trifluoracetat (TFA), Perfluorbutansäure (PFBA) und Perfluorpropansäure (PFPrA). Letztere Substanz läuft bisher gänzlich unter dem Radar der Behörden und ist auch in keinen zukünftigen Messprogrammen vorgesehen.

In mehreren Regionen wurden Überschreitungen zukünftiger PFAS Grenzwerte festgestellt: in Zeuthen (Brandenburg) sowie in Ludwigslust und Güstrow (Mecklenburg-Vorpommern). Dort deuten erhöhte PFOA-Konzentrationen auf Altlasten durch den früheren Einsatz von PFAS-haltigen Feuerlöschschäumen hin. Eine Wasserprobe aus dem Berliner Regierungsviertel liegt zwar unter den Grenzwerten, enthielt in der Summe (PFAS-4 = 12 ng/L) aber bereits so viel PFAS, dass laut Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) bei Kindern unter zehn Jahren durch eine regelmäßige Aufnahme gesundheitliche Auswirkungen, wie ein geschwächtes Immunsystem, nicht ausgeschlossen werden können.

Im Januar 2026 und 2028 treten neue PFAS-Grenzwerte für Trinkwasser in ganz Deutschland in Kraft. Die Einhaltung dieser PFAS-Grenzwerte stellt Wasserbetriebe vor erhebliche technische und wirtschaftliche Herausforderungen. Die derzeit verfügbaren Verfahren zur PFAS-Entfernung sind teuer, energie- und ressourcenintensiv und überdies bei TFA nur begrenzt wirksam. „Wasserversorger können nicht die Müllabfuhr einer verfehlten Chemikalienpolitik sein“, betont Rode. „Hinzu kommt: Im Trinkwasser können PFAS noch aufwendig rausgefiltert werden, doch wie machen wir das mit unseren Lebensmitteln, unseren Böden, Flüssen und dem Meer? Dabei sind Alternativen in vielen Bereichen bereits verfügbar, etwa für Textilien, Pfannen und Kältemittel. Nur ein umfassende PFAS-Beschränkung kann die zunehmende Verschmutzung unserer Umwelt stoppen. Die Politik muss handeln und uns alle schützen.“

PFAS werden massenhaft eingesetzt, die Konzentrationen in unseren Körpern und der Umwelt steigen stetig an. Im August veröffentlichte der BUND eine Auswertung zur PFAS Belastung von Lebensmitteln. Auch Wissenschaftler*innen und Ärzt*innen schlagen Alarm. Studien belegen ihren Effekt auf den Körper bei ständiger, langfristiger Einnahme. Folgen können ein erhöhter Cholesterinspiegel oder ein größeres Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen sein, Leberschäden oder ein geschwächtes Immunsystem.

Der BUND fordert, PFAS schnellstmöglich für alle Anwendungen zu beschränken, um Wasserressourcen zu schützen. Außerdem muss nach Ansicht des Umweltverbandes konsequent das Verursacherprinzip bei der Aufbereitung und Sanierung von kontaminierten Wasser und Böden angewendet werden und die Chemikalienpolitik zum Schutz von Umwelt und Gesundheit vorsorgeorientiert sein.

Weitere Informationen:

Hintergrund

PFAS (per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen) sind eine Gruppe von über 10.000 synthetischen Chemikalien, die aufgrund ihrer extremen Langlebigkeit als Ewigkeitschemikalien gelten. Ihre Langlebigkeit führt dazu, dass sie über Jahrzehnte in der Umwelt bleiben und in Flüsse, Böden, Lebensmittel und letztlich in den menschlichen Körper gelangen. Wegen ihrer fett-, wasser- und schmutzabweisenden Wirkung werden sie häufig eingesetzt, etwa bei Anti-Haft beschichteten Pfannen, Outdoor-Textilien, Teppichen, aber auch in Pestiziden und Kältemitteln. Auch in Deutschland werden PFAS in großen Mengen hergestellt, so etwa in Leverkusen von Covestro, Bayer und Momentive, in Bad Wimpfen von Solvay, in Frankfurt am Main von Daikin und in Burgkirchen an der Alz von Dyneon, Archroma und W.L. Gore.

Bisher ist lediglich die Produktion und Verwendung von weniger als 20 der über 10.000 PFAS Einzelsubstanzen reguliert. Die Verwendung von PFAS in Feuerlöschschäumen ist ab Oktober 2030 beschränkt. Eine Beschränkung der gesamten Gruppe wird zurzeit auf EU Ebene diskutiert. 
Für Trinkwasser treten ab 2026 ein Grenzwert für die Summe von 20 PFAS in Kraft, zudem ein strikterer für die Summe von vier PFAS ab 2028. Für Lebensmittel gelten lediglich Grenzwerte für vier PFAS, welche je nach Lebensmittel, zum Beispiel bei Fisch, sehr hoch angesetzt sind.

Bereits heute sind Menschen im Alltag zu hohen Konzentrationen von Ewigkeitschemikalien ausgesetzt. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) stellte 2021 unter Verwendung der Daten aus den Überwachungsprogrammen der Bundesländer fest, dass die täglich aufgenommene PFAS-Menge bereits über dem gesundheitlich kritischen Wert liegt und eine Beeinträchtigung des Immunsystems durch die Chemikalien nicht ausgeschlossen werden kann.

Der BUND hatte bereits im August 2025 eine Untersuchung zur PFAS-Belastung von Lebensmitteln veröffentlicht. Diese zeigte erhöhte Konzentrationen insbesondere in Fischen, Innereien und Hühnereiern aus Hobbyhaltungen.

Hinweis

Als Umweltverband ist der BUND ein früher Risikoanzeiger, wenn es um Verbraucherthemen geht. Der Verband bearbeitet mit Fachleuten Themen, bei denen eine potentielle Gesundheitsgefahr entweder gesichert ist, wie bei einigen gut untersuchten Ewigkeitschemikalien PFAS, oder wo dieses zumindest strittig ist, wie bei Glyphosat. Über Tests und Stichproben macht der BUND auf kritische Entwicklungen aufmerksam, fordert die Politik zum Handeln auf und macht damit das Vorsorgeprinzip stark. Ganze Testprogramme kann der Verband nicht finanzieren. Diese sind zudem Aufgabe des Staates.

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