Dr. Joachim Steinbrück, Bremens früherer Landesbehindertenbeauftragter und 1. Vorsitzender von Selbstbestimmt Leben Bremen e.V. erklärt für das Forum Barrierefreies Bremen: "Im Forum sind wir uns darüber einig, dass eine Verschiebung der Haltestellen in der Balgebrückstraße um weitere 50 m in Richtung Wilhelm-Kaisen-Brücke eine gravierende und unzumutbare Verschlechterung für mobilitätsbeeinträchtigte Menschen, insbesondere auch für Menschen mit Rollstuhl und Rollator bedeutet. Wir haben zunehmend den Eindruck, dass dieser Einwand gegen die Planungen des Senats nicht ernst genommen wird. Noch hoffen wir zwar, eine tragfähige gemeinsame Lösung zu finden, die im Übrigen auch im Interesse der Modernisierung des Konzerthauses Glocke liegt; wir sind aber auch bereit, zeitnah rechtliche Schritte gegen die Planungen des Senats einzuleiten. Diese sind bereits in Vorbereitung."
Leah Beering von Fridays For Future ergänzte: „Wenn wir eine erfolgreiche Verkehrswende wollen, dann muss sie Gewinn für alle sein. Barrierefreiheit ist zwingend mit einer Verbesserung im ÖPNV zusammenzudenken. Die geplanten Verschlimmbesserungen an der Domsheide zeigen leider, dass das bei Senatorin Ünsal noch nicht angekommen ist. Die Behindertenverbände haben unsere volle Solidarität.“
Mark Wege, Sprecher von Einfach Einsteigen, fügte hinzu: „Die SPD hat von Anfang an gezeigt, dass ihr die Interessen der Glocke wichtiger sind als die Interessen von Menschen mit Behinderung und den Fahrgästen im Nahverkehr. Die Variante 5.1 ist nicht nur die einzige tatsächlich barrierefreie Haltestellenoption, sie würde sogar den Verkehrsfluss der BSAG an der Domsheide verbessern. Auch städtebaulich ist die 5.1. deutlich attraktiver. Leider hat sich die SPD bisher überhaupt nicht darauf eingelassen, das eingehend zu prüfen, z.B. durch einen Gestaltungswettbewerb. Wir halten das für völlig unverhältnismäßig. Echte sozialdemokratische Politik würde die benachteiligten Menschen in der Stadtgesellschaft in den Mittelpunkt stellen. “
Dieter Mazur, Vorsitzender des BUND Bremen erklärte: „Wir fordern die rotgrünrote Koalition auf, sich von der unseligen Variante 2.3 zu verabschieden und die verkehrspolitisch sinnvollste Variante 5.1 umzusetzen. Sonst ist zu befürchten, dass im Zuge unvermeidlicher Klagen dann jahrzehntelang an der Domsheide gar nichts passieren wird.“
Ansprechpartner:
Dr. Joachim Steinbrück, Mail: joachim.steinbrueck(at)t-online.de
Hintergrund:
Mit ihrer Kundgebung wollten die genannten Organisationen einen Antrag von "Selbst Aktiv", der Arbeitsgemeinschaft von Menschen mit Behinderungen in der SPD an den Landesparteitag unterstützen. In dem Antrag werden die Koalitionsfraktionen, der Senat sowie die zuständigen Ressorts aufgefordert, sich von der Festlegung im Koalitionsvertrag auf die Planungsvariante 2.3 zur Gestaltung der Haltestellenanlage auf der Domsheide zu lösen.
Bei der Planungsvariante 2.3 sollen die Haltestellen der Straßenbahnlinien 2 und 3 im Bereich der Post verbleiben, die Haltestellen aller Bus- und Straßenbahnlinien, die vom Bahnhof kommen und dorthin fahren, sollen hingegen um weitere 50 m in Richtung Wilhelm-Kaisen-Brücke verschoben werden.
Dadurch werden die Umstiegswege und Umstiegszeiten deutlich verlängert, so dass direkte Anschlüsse häufig nicht mehr erreicht werden. Der ÖPNV wird hierdurch insgesamt abgewertet und unattraktiver. Das schadet nicht nur der Verkehrswende. Menschen mit Mobilitätsbeeinträchtigungen werden durch diese Planung besonders stark getroffen. Der Umstieg an der Domsheide wird für sie stark erschwert. Vor allem auch für Menschen mit Rollstuhl, für die die Länge des Weges für den Umstieg bis zu 195 m beträgt. Dabei muss häufig sogar noch das langgezogene Gefälle in der Balgebrückstraße bewältigt werden. Insgesamt ist die Planungsvariante 2.3 daher nicht mit den gesetzlichen Anforderungen an eine barrierefreie Gestaltung einer Haltestellenanlage vereinbar.
Hiergegen wendet sich ein breites Bündnis von nahezu 40 Organisationen und Initiativen, darunter Fridays for Future, Einfach Einsteigen, der BUND und das Forum Barrierefreies Bremen.
Mit seiner Petition, die sich noch in der Beratung des Petitionsausschusses befindet, fordert das Bündnis die Bündelung aller Haltestellen auf dem Platzbereich zwischen Glocke, Landgericht und der Post. Hierdurch würden die Anforderungen an eine barrierefreie Gestaltung vollständig erfüllt. Die kurzen und barrierefreien Umstiegswege liegen zudem im Interesse aller 12.500 Fahrgäste, die täglich an der Domsheide umsteigen.
Mit einer städtebaulich anspruchsvollen Gestaltung können dabei auch die Belange des Konzerthauses Glocke mit den Anforderungen an eine effektive und barrierefreie Haltestellenanlage vereinbart werden. Außerdem würde der Radverkehr in der Balgebrückstraße und auf der Achse Marktstraße - Dechanatsstraße vom Strom der umsteigenden und zu den nächsten Anschlüssen eilenden Fahrgäste getrennt werden.